Umweltministerin Bärbel Höhn: Entwurf für Landeshundegesetz wird in den Landtag eingebracht
Nach entsprechenden Eckpunkten für ein Landeshundegesetz, die das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Dezember vorgelegt hat, wird nun ein Entwurf eines Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in den Landtag eingebracht.
Umweltministerin Bärbel
Höhn:
"Wie bereits Ende des vergangenen
Jahres angekündigt, legen wir in Nordrhein-Westfalen ein Landeshundegesetz
vor, das die Struktur der bisherigen Landeshundeverordnung beibehält,
aber zu der angestrebten bundesweiten Vereinheitlichung beiträgt.
Damit wollen wir einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Schutzbedürfnis
und dem Sicherheitsinteresse der Bevölkerung, insbesondere von Kindern
und älteren Menschen und dem Interesse von verantwortungsbewussten
und sachkundigen Hundehaltern schaffen. Der vorgelegte Gesetzentwurf ermöglicht
wesentlich höhere Strafen bei Verstößen gegen das Gesetz."
Der Gesetzentwurf wurde von der Landesregierung unter Federführung des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erstellt. Um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen und möglichst noch vor der Sommerpause abschließen zu können, sind die Landesregierung und die Regierungsfraktionen übereingekommen, den Entwurf als Fraktionsinitiative in den Landtag einzubringen.
Das neue Landeshundegesetz Nordrhein-Westfalen soll die Landeshundeverordnung ablösen. Die neue Regelung zur Abwehr von Gefahren beim Umgang mit Hunden erfolgt in Form eines formellen Gesetzes. Dadurch soll die Rechtssicherheit erhöht sowie durch die Aufnahme von Strafvorschriften, höheren Bußgeldrahmen und speziellen Eingriffsmöglichkeiten für die zuständigen Behörden ein noch konsequenteres Vorgehen gegen gefährliche Hunde und verantwortungslose Hundehalterinnen und Hundehalter ermöglicht werden.
Die Regelungsansätze in der LHV NRW haben sich in der Praxis weitgehend bewährt, in Nordrhein-Westfalen haben sie zu einem Rückgang schwerwiegender Beißvorfälle und bei den Hundehaltern zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit ihren Hunden geführt. Insofern knüpft das Landeshundegesetz an diese Ansätze an. Das Gesetz soll in Bezug auf gefährliche Hunde den Beschluss der Innenministerkonferenz zur Vereinheitlichung der Länderregelungen zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden für Nordrhein-Westfalen weitgehend umsetzen.
Das Landeshundegesetz statuiert Halter- und Umgangspflichten jeweils abgestuft nach dem Gefährdungspotenzial des Hundes. Dabei werden - wie schon in der Landeshundeverordnung - drei Kategorien gebildet:
Das Gesetz enthält wie schon die Landeshundeverordnung zwei Rasselisten, die sich von der Anzahl der Hunde her an den bundesweiten Empfehlungen orientieren. Danach gelten aufgrund der Rassezugehörigkeit als gefährliche Hunde die Rassen Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Bullterrier und deren Kreuzungen. Für Hunde der genannten Rassen hat der Bundesgesetzgeber bereits ein Einfuhr-, Verbringungs- und Zuchtverbot erlassen. Die Annahme einer abstrakten Gefährlichkeit von bestimmten Hunderassen ist zulässig und wurde von der Rechtsprechung überwiegend bestätigt. Eine Aussage über die individuelle Gefährlichkeit eines jeden Tieres dieser Rassen wird damit nicht getroffen.
Darüber hinaus werden Hunde - unabhängig von ihrer Rasse - zu gefährlichen Hunden, die aufgrund falscher Ausbildung oder durch tatsächliches, gefahrverursachendes Fehlverhalten ihre Gefährlichkeit unter Beweis gestellt haben und deren individuelle Gefährlichkeit nach einer amtstierärztlichen Begutachtung durch die zuständige Behörde verbindlich festgestellt wurde.
Für den Umgang mit gefährlichen
Hunden stellt das Gesetz strenge Anforderungen auf:
1. Erlaubnispflicht für
die Haltung:
- Neue Haltungen nur bei
Vorliegen eines besonderen privaten oder öffentlichen Interesses,
- Voraussetzungen für
die Erteilung der Erlaubnis sind Volljährigkeit von Halterin oder
Halter, Sachkundebescheinigung des Amtstierarztes, Zuverlässigkeitsnachweis
durch Führungszeugnis und Nachweis zur ausbruchsicheren Unterbringung,
Haftpflichtversicherung mit Mindestdeckungssumme (Personenschäden:
500.000,--EUR; Sachschäden: 250.000,-- EUR) und Kennzeichnung des
Hundes.
2. Verhaltenspflichten:
- Anleinpflicht außerhalb
des befriedeten Besitztums (mit Ausnahme von Hundeauslaufflächen)
und Maulkorbpflicht mit Befreiungsmöglichkeit nach amtlicher Verhaltensprüfung,
- "feste Hand" von Halter
und Aufsichtsperson,
- Sachkunde, Zuverlässigkeit
und Volljährigkeit auch für Aufsichtspersonen,
- Verbot, mehrere gefährliche
Hunde gleichzeitig zu führen, - Mitteilungspflichten.
Verstöße können als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von jetzt bis zu 100.000,-- EUR (LHV: 1.022,-- EUR) geahndet werden.
Das Gesetz sieht - den bundesweiten Empfehlungen folgend - für 10 weitere Hunderassen besondere Regelungen vor. Hunde dieser Rassen und deren Kreuzungen weisen - ohne gefährliche Hunde zu sein - rassespezifische Merkmale auf, die ein besonderes Gefährdungspotential begründen und unter präventiven Gesichtspunkten besondere Anforderungen an den Umgang erfordern. Gefährdungsrelevante Merkmale bei den bestimmten Rassen sind beispielsweise niedrige Beißhemmung, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriffe, Kampfinstinkt oder ein genetisch bedingter Schutztrieb.
Durch die Regelungen soll auch ein Ausweichen von verantwortungslosen Hundebesitzern aus einschlägigen Kreisen auf Hunde dieser Rassen erschwert werden. Auf Empfehlung der Innenministerkonferenz neu aufgenommen wurden die Rassen Alano und American Bulldog.
Für
Hunde der bestimmten 10 Rassen und deren Kreuzungen gelten Anforderungen
wie für gefährliche Hunde mit folgenden Modifikationen:
-
Kein Zuchtverbot,
-
kein besonderes Interesse für neue Haltung erforderlich,
-
Verhaltensprüfung zur Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht
nicht unbedingt durch amtlichen Tierarzt, sondern auch durch anerkannte
Stellen.
Durch eine Übergangsvorschrift ist sichergestellt, dass Erlaubnisse und Entscheidungen über die Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht, die auf der Grundlage der LHV NRW ergangen sind, fortgelten.
Unter präventiven Gesichtspunkten und zur Erhaltung des Schutzniveaus bleibt eine Regelung wie schon in der Landeshundeverordnung festgelegt, besonders für große Hunde bestehen (20 kg Gewicht und mehr als 40 cm Widerristhöhe). Die so genannte 20/40 er Regelung hat sich bewährt. Große Hunde dieser Kategorie können objektiv allein wegen ihrer Größe oder ihres Gewichtes in Folge äußerer Überraschungsmomente erhöhte Gefahren für Menschen und Tiere hervorrufen und erheblichen Schaden zufügen. Zur Kategorie "große Hunde" gehören beispielsweise Hunde der Rassen Dobermann, Bullmastiff, Mastiff und der Schäferhund, die in Beißstatistiken vordere Ränge einnehmen.
Der Umgang mit großen Hunden erfordert eine durch sachkundige Haltung geprägte frühe Sozialisation und eine konsequente Erziehung.
Anforderungen
an den Umgang mit großen Hunden sind:
-
Pflicht zur Anzeige der Haltung,
-
Sachkundenachweis, soweit nicht dreijährige unbeanstandete Haltung
oder Zugehörigkeit zu sachkundigen Personenkreisen oder Berufsgruppen,
-
Sachkundebescheinigung durch anerkannte Stellen (z.B. Hundesportvereine)
oder benannte Tierärzte,
-
Zuverlässigkeit; Art und Weise der Überprüfung obliegt der
zuständigen Behörde,
-
Haftpflichtversicherung,
-
Kennzeichnung des Hundes,
-
generelle Anleinpflicht im öffentlichen Verkehrsraum.
Der Vollzug der LHV NRW-Regelungen zu großen Hunden ist eingespielt und weitgehend abgeschlossen. Durch eine Übergangsvorschrift wird sichergestellt, dass erfolgte Anzeigen, vorgelegte Bescheinigungen und Ähnliches fortgelten bzw. beim Vollzug des Gesetzes anerkannt werden. Damit ist Kontinuität im Vollzug sichergestellt.
Über die Regelungen zu gefährlichen und großen Hunden hinaus werden in das Gesetz allgemeine Grundpflichten für den Umgang mit Hunden aller Rassen aufgenommen. Hierdurch soll ein für Hundehalterinnen und Hundehalter zumutbarer und in der Sache angemessener Schutz von Menschen und Tieren vor der Unberechenbarkeit von Hunden generell sichergestellt werden. Dies verdeutlicht zugleich, dass es dem Gesetzgeber nicht um die Ausgrenzung bestimmter Hunderassen geht.
Für alle Hunde gelten:
- Pflicht zum gefahrvermeidenden
Umgang,
- Anleinpflicht in Örtlichkeiten
und Situationen mit typischerweise erhöhtem Publikumsverkehr,
- Verbot von Aggressionsausbildung,
-zucht und -kreuzung.
Diese Pflichten gelten für den Umgang mit Hunden generell und werden von verantwortungsvollen Hundehaltern bereits jetzt befolgt. Durch sie wird der Unberechenbarkeit des Verhaltens eines Tieres und der dadurch möglichen Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter (Grund für die zivilrechtliche Tierhalterhaftung) Rechnung getragen und das Risiko einer Gefährdung oder eines Schadenseintritts deutlich reduziert. Im übrigen wirken allgemeine Pflichten einer Diskriminierung von Haltern bestimmter Hunderassen entgegen.